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KommunalesPraxis/Beispiele

Ludwigsburgs Weg zur Bürgerbeteiligung

Oberbürgermeister Werner Spec spricht über den Weg der Stadt Ludwigsburg (Baden-Württemberg) zur Bürgerbeteiligung.

Ausgangspunkt war eine Stärken-/Schwächen-Analyse und die Einschätzung künftiger Chancen und Risiken für die Stadt. Vor der Phase der Bürgerbeteiligung stand eine umfassende Vorarbeit der Verwaltung unter Hinzuziehung externer Fachleute für die unterschiedlichen Aufgabengebiete. Mir war es wichtig, der Bürgerschaft qualifizierte Grundlagen für Ideen und Vorschläge zu liefern, sie aber auch in die Stärken- und Schwächenanalyse einzubeziehen. In der Folge entstand in Ludwigsburg eine regelrechte Aufbruchsstimmung. Denn die repräsentative Ausrichtung der Bürgerbeteiligung und die qualifizierten Ergebnisse sorgten für eine hohe Akzeptanz im Gemeinderat, der anfänglich der breiten Bürgerbeteiligung eher skeptisch gegenüberstand. Die frühe und ergebnisoffene Bürgerbeteiligung und die tatsächliche Einbeziehung vieler Ideen und Maßnahmen in die Beschlüsse des Gemeinderats sorgten für eine hohe Motivation der Beteiligten, es erwuchs eine hohe Identifikation mit der Stadt, durchaus auch Bürgerstolz. Und die proaktive strategische Politikgestaltung führte zu einer eigenen Entwicklungsdynamik.
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Als Oberbürgermeister in Calw im Nord-Schwarzwald hatte ich zuvor bei der Bewältigung einer fast schon krisenhaften Situation gemeinsam mit einem erfahrenen Stadtplaner umfassende Strategien erarbeitet. Auf die dabei gewonnenen Erfahrungen wollte ich aufbauen. Zum anderen waren mir damals, in der Folge der Konferenz von Rio 1992, die Anfänge der Bürgerbeteiligung begegnet. Die Bereitschaft zum Engagement von Bürgerinnen und Bürgern hat mich beeindruckt. Gleichzeitig wurde mir klar, dass diese Bürger nur dann erfolgreich arbeiten können, wenn sie von der Stadt fachlich unterstützt werden. Die anfänglichen Eigeninitiativen bürgerschaftlicher Gruppen waren geprägt von einer Abgrenzung gegenüber dem „Establishment“ von Verwaltung und Politik und der damals noch eher fundamentalistischen Ausrichtung der grünen Bewegung. Es fehlte außerdem teilweise die notwendige fachliche Fundierung von Ideen. Vor allem die fehlende repräsentative Zusammensetzung der selbstgebildeten Arbeitskreise unterminierte die erforderliche politische Akzeptanz der Vorschläge in den Gremien des Gemeinderats. In Ludwigsburg legte ich daher von Anfang an viel Wert auf eine repräsentative Zusammensetzung bürgerschaftlicher Gruppen, aber auch auf die fachliche Unterstützung. Das war im Nachhinein ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
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Um an der Zukunftskonferenz – die wir inzwischen im Drei-Jahres-Rhythmus veranstalten – teilzunehmen, musste man sich bewerben. Das hat es uns erlaubt, ein ausgewogenes Verhältnis von beispielsweise Frauen und Männer, Jung und Alt, angestammten Einwohnern und Migranten sowie von Menschen aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Umwelt, Kultur, Sport, Kirchen usw. herzustellen. Außerdem haben wir von Anfang an offen kommuniziert, dass gegenüber dem Gemeinderat kein Anspruch darauf besteht, alle Vorschläge eins zu eins umzusetzen. Wir haben aber versprochen, alles dafür zu tun, dass sich der Gemeinderat ernsthaft mit den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung auseinandersetzt und zumindest einen Teil der Vorschläge in den Beratungen und Beschlüssen berücksichtigt. Und dieses Versprechen haben wir gehalten.
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Wir haben einen öffentlichen Aufruf gestartet, dem viele gefolgt sind. Von Anfang an haben wir aber auch auf milieuspezifische Kommunikationswege gesetzt. Wenn man zum Beispiel Migranten gewinnen will, ist es hilfreicher, Multiplikatoren persönlich anzusprechen, weil diese Gruppierungen meist auf übliche Einladungen nicht reagierten. Im Ergebnis hat das sehr gut funktioniert.

Quelle: https://www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuelles/es-geht-darum-dezentrale-strukturen-zu-staerken/

Mehr zu den Ludwigsburger Zukunftskonferenzen gibt es hier: https://www.ludwigsburg.de/,Lde/start/stadt_buerger/zukunftskonferenz.html