Forschung/EvaluationKommunales

Eine neue Beteiligungskultur durch Partizipationsleitlinien?

Ob und wie kommunale Leitlinien für Bürgerbeteiligung die Beziehungen zwischen Verwaltung und Bürgerschaft verändern, untersucht Lea Kohlhage anhand von acht Beteiligungsleitlinien aus deutschen Kommunen unterschiedlicher Größen mit einer Gesamteinwohnerzahl von 1,6 Millionen.

Die meisten Leitlinien nennen als Motivation die Verringerung von Enttäuschungen, die Verbesserung des gegenseitigen Vertrauens und ein höheres Verständnis für die Notwendigkeit geplanter Projekte bzw. die Reduktion von Widerstand. Dies soll über die Herstellung einer sogenannten Beteiligungskultur ermöglicht werden. (…)
Die gute Nachricht ist, dass die Bedingungen für eine örtliche Beteiligungskultur bei existierenden Leitlinien besser sind im Vergleich zur in der Arbeit beschriebenen Ausgangslage. Es gab feststellbare Annäherungen bzw. die Herstellung von Brücken zwischen den unterschiedlichen Ideen und Konzepten.
Bemühungen, Vertrauen wiederherzustellen gibt es von beiden Akteursgruppen, d.h. sowohl von den Bürgern und Bürgerinnen als auch von der Verwaltung. Deutlich erkennbar sind Schritte der Verwaltung. BürgerInnen erwarten einen hohe Qualität der Partizipationsprozesse, ernsthafte Berücksichtigung ihrer Ergebnisse und Nachvollziehbarkeit. Es werden verpflichtende öffentliche Rückmeldungen und Rechtfertigung der finalen Entscheidungen, sowie ein verlässliches Einhalten von Absprachen gefordert. Die Verwaltung nähert sich dieser Idee an und bietet in den Leitlinien Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit an und richtet eine offizielle Partizipationsmanagementstruktur ein.
Außerdem wird in jeder der acht Leitlinien eine etwas unterschiedliche Perspektive auf Legitimität und Zweck von Beteiligung deutlich. Ein Erklärungsansatz ist der folgende: In manchen Gemeinden scheint es schon zu einem verstärkt gemeinschaftlichem Verständnis der Bürger-Verwaltungsbeziehung gekommen zu sein bzw. es besteht eine größere kollektive Bereitschaft, dies zu erreichen. Dies trifft auf die Städte Detmold und Bonn aus dem untersuchten Sample zu. Als zentrale Voraussetzung für den des Erfolg von Beteiligung werden unterschiedliche Prioritäten angeführt, so setzt die Heidelberger Leitlinie auf Klarheit der Ziele und Aufgaben in Partizipation, während Bonn gegenseitiges Vertrauen für ausschlaggebend hält.
Wie der Wunsch der BürgerInnen die Politik direkter zu beeinflussen und ihr Lebensumfeld effektiv zu gestalten mit den Ideen und Konzepten der Verwaltung besser vereinbart werden kann, darauf wird in den Leitlinien noch wenig eingegangen. Die Option, den Handlungsspielraum in Planungen und Projekten zu vergrößern wird nicht in Erwägung gezogen. Und der von Beteiligungsexperten geforderte verstärkte und direktere Kontakt der Bürgerschaft mit den EntscheidungsträgerInnen bleibt ebenfalls aus. Auch die neue Interaktion stellt den Dialog mit den PolitikerInnen, also die gemeinsame Meinungsbildung und Lösungserarbeitung nicht in den Mittelpunkt.

Mehr dazu und Download hier: https://www.participolis.eu/images/Kurzstudie_Analyse_Buergerbeteiligungsleitlinien_Kohlhage_2019.pdf