Warum Kommunalpolitiker auch mal auf ihre Entscheidungsrechte verzichten sollten
Bei einem „Ratsbürgerentscheid“ oder „Ratsbegehren“ findet ein Bürgerentscheid auf Beschluss des Rates statt. Die Bürger müssen keine Unterschriften sammlen, sondern die Stadt- bzw. Gemeinderatsmitglieder beschließen mit qualifizierter Mehrheit die Durchführung einer Abstimmung und verzichten auf ihr Recht, selbst eine Entscheidung zu treffen. Warum Kommunalpolitiker manchmal ihre Entscheidungsrechte an die Bürger delegieren sollten, begründet Jörg Werner in einem Kommentar für die Rheinische Post:
Es gibt Fragen, die sind so schwerwiegend und kompliziert, dass sich ein Rat darüber heftig zerstreiten kann – auch innerhalb der jeweiligen Fraktionen. Für solche Situationen hat die Politik eine eingeübte Lösung parat – und die heißt Fraktionsdisziplin. Gibt’s Streit innerhalb der Fraktion, entscheidet die Mehrheit – und sei sie noch so knapp – und dann stimmt die Fraktion im Rat geschlossen ab. Nur selten geben Fraktionen ihren Mitglieder die Abstimmung in umstrittenen Fragen frei, um sie nur nach ihrem Gewissen entscheiden zu lassen. Und genauso selten bringen einzelne Fraktionsmitglieder den Mut auf, gegen die Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion zu entscheiden.
In manchen Fällen kann ein solcher Fraktionszwang allerdings auch dazu führen, dass sich Fraktionen spalten. Das ließe sich ja noch verkraften. Was aber, wenn solche unter Druck und Zwang zustande gekommenen Entscheidungen dazu führen könnten, dass es zu Spaltungen in der Bürgerschaft kommt? Dann wäre es doch in der Tat nicht ganz dumm, die Bürger selbst entscheiden zu lassen und die Last der Mehrheitsfindung auf eine größere Zahl von Schultern zu verteilen.