Versammlungsdemokratie in der Schweiz
Im Schweizer Kanton Glarus finden einmal im Jahr Gemeindeversammlungen – die sogenannten „Landsgemeinden“ – statt, bei denen die Bevölkerung über Sachfragen abstimmt. Wer nimmt daran teil? Welchen Einfluss haben die Diskussionen auf die Entscheidungsfindung? Das haben Marlène Gerbe, Hans-Peter Schaub und Sean Müller vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern untersucht.
Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Umfrageauswertungen, die wir in diesem Bericht vorstellen, sind die folgenden:
1. Frauen beteiligen sich weniger häufig an der Glarner Versammlungsdemokratie als Männer.
2. Wichtige Faktoren, die dazu beitragen, dass die Beteiligung an der Landsgemeinde von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfällt, sind die erwartete Knappheit spezifischer Abstimmungsentscheide, die finanziellen Auswirkungen der Traktanden für den Kanton und das Wetter.
3. Die Meinungen zu den Abstimmungsvorlagen der Glarner Landsgemeinde werden zu einem grossen Teil schon vor der Landsgemeinde gebildet, zu einem wichtigen Teil aber auch erst an der Landsgemeinde selber. Die meisten befragten LandsgemeindeteilnehmerInnen gaben an, während der Landsgemeindedebatte noch neue Argumente für und/oder gegen die Landratsvorlage gehört zu haben.
4. Die Untersuchungen zur Debatte zum Informatikgesetz, welches an der Landsgemeinde 2016 beraten wurde, weisen darauf hin, dass an der Landsgemeinde vorgebrachte Argumente die Meinungsbildung tatsächlich beeinflusst haben. Nicht ganz so eindeutig sind die Erkenntnisse zu den Beratungen des Personalgesetzes.
5. Die UmfrageteilnehmerInnen schreiben Anträgen von Direktbetroffenen und BürgerInnen ohne politisches Amt laut Selbsteinschätzung eine besonders hohe Glaubwürdigkeit zu. Gleichzeitig lassen sie sich stärker von Anträgen überzeugen, wenn diese sachlich gut begründet sind und/oder neue Argumente in die Diskussion einbringen.
6. Die meisten UmfrageteilnehmerInnen möchten an der Landsgemeinde in ihrer jetzigen Form – mit Rede- und Antragsrechten, offenem Abstimmen und Schätzen der Mehrheiten durch den Landammann – festhalten.