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Formelle und informelle Bürgerbeteiligung beim Bau von Stromübertragungsleitungen

Wie die formelle und informelle Öffentlichkeitsbeteiligung bei Genehmigungsverfahren für Höchstspannungsleitungen konkret abläuft, beschreibt Andreas Paust in einem Beitrag für den eNewsletter des Netzwerks Bürgerbeteiligung.

Der Bau und die Errichtung großer Infrastruktureinrichtungen wie Industrieanlagen, Autobahnen, Windparks und Stromleitungen stellen immer einen Eingriff in das Lebensumfeld von Menschen dar. In einem bisher unbelasteten Gebiet wird z. B. ein Umspannwerk gebaut. Oder dort, wo es bereits Belastungen gibt, wird eine weitere geschaffen, indem z. B. neben einer Autobahn eine neue Stromleitung errichtet wird.
Neue Infrastruktureinrichtungen werden deshalb häufig als Angriff auf die Lebensqualität empfunden. Sie lösen bei den unmittelbaren Anliegerinnen und Anliegern, bei Umweltverbänden und Heimatfreunden sowie bei Kommunalpolitikerinnen und -politikern Sorgen und Befürchtungen aus. Es gibt Ängste vor gesundheitlichen Belastungen durch Lärm und elektromagnetische Felder. Es gibt Befürchtungen, dass die Landschaft verschandelt wird, Verkehrsbelastungen zunehmen und Grundstücke an Wert verlieren. Die Menschen sorgen sich um den Bestand seltener Tierarten, den Erhalt wertvoller Biotope und um das Erscheinungsbild der Landschaft und die Sichtbeziehungen auf Denkmäler. Es besteht die Sorge, dass die Entwicklungsmöglichkeit von Wohn- und Gewerbegebieten behindert wird. Alle dies ist legitim und ernst zu nehmen. Sie als »St.-Florians-Prinzip« oder als »NIMBY«-Phänomen gering zu schätzen, wird der Problematik nicht gerecht.
Um die Befürchtungen aufzugreifen, hat der Gesetzgeber Regelungen geschaffen, die den Betroffenen die Möglichkeit geben, ihre Interessen darzulegen und in den Prozess der Interessenabwägung einzubringen. Dies ist die formelle Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Darüber hinaus eröffnen Investoren, Bauherren und Vorhabenträger, die mit ihren Maßnahmen das Lebensumfeld von Menschen beeinflussen, Betroffenen die Möglichkeit, schon vor dem formellen Verfahren Einfluss auf die Projektrealisierung zu nehmen. Sie sind dazu nicht nur gut beraten, sondern durch eine Regelung im Verwaltungsverfahrensgesetz auch rechtlich verpflichtet. Dies ist die früh(zeitig)e Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung.

Fortsetzung hier: https://andreas-paust.de/wp-content/uploads/2024/02/nbb_beitrag_paust_240227.pdf