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Community Organizing – Ein Weg zu mehr Beteiligung

Mit Community Organizing als Instrument der Bürgerbeteiligung beschäftigt sich Peter Szynka in einem Arbeitspapier der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2011.

Das vorliegende Papier beschäftigt sich mit Community Organizing, einer Strategie der Aktivierung, Beteiligung und politischen Erwachsenenbildung, die in den USA unter anderem von dem Bürgerrechtler Saul D. Alinsky (1909 – 1972) entwickelt wurde. Community Organizing ist in den USA ein Teil der demokratischen Kultur und hat Politiker wie Barack Obama und Hillary Clinton in ihrer politischen Sozialisation nachhaltig geprägt. Nach Meinung des Autors könnte diese Strategie auch dazu geeignet sein, die in Deutschland vorhandenen Tendenzen einer fortschreitenden Entpolitisierung und die Flucht ins Private zu stoppen bzw. umzukehren. Zunächst werden die historischen und theoretischen Wurzeln des  Community Organizing skizziert. Schon hier wird deutlich, dass Community Organizing im Wesentlichen politische Bildungsarbeit ist. Dann folgt eine kurze Darstellung der erfolgreichen, inzwischen „klassisch“ genannten Beispiele dieses Beteiligungsansatzes in den USA: Back-of-the-Yards-Neighborhood-Council, The Woodlawn Organization und F.I.G.H.T. Weil Community Organizing eine Praxis und gutes Community Organizing sogar eine Kunst ist, versteht sich das darauf folgende Kapitel als praktische Handlungsanleitung. Dabei werden wichtige Prämissen und Begriffe erklärt, die – mit dieser Beteiligungsform verbundene – Grundhaltung erläutert und aufeinander aufbauende Handlungsschritte entwickelt. Ein Organisationsprozess folgt im Wesentlichen einem Zyklus von drei Schritten: Zuhören, Recherchieren, Handeln. Anschließend werden aktuelle Beispiele aus Deutschland und Finanzierungsmöglichkeiten von Community Organizing vorgestellt. Am Schluss wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, Community Organizing als Instrument der Beteiligung weiterzuentwickeln und dauerhaft zu etablieren. Diese Beteiligungspraxis könnte auch in Deutschland eine Bereicherung, wichtige Ergänzung und Korrekturmöglichkeit für die Politik der Parteien und Verbände sein.

Das Fazit des Autors:

Die vorgestellten Beispiele haben gezeigt, dass Community Organizing unabhängig von der kulturellen und rechtlichen Umgebung mit großem Erfolg eingesetzt werden kann. Deutlich wurde aber auch, dass die Organisation von Beteiligung eine Kunst ist, die für alle Beteiligten mit harter Arbeit verbunden sein kann. Community Organizing ist den Prinzipien von Selbstbestimmung, Selbstverantwortung, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet. Es wird nicht auf die Macht des Staats oder der Wirtschaft gesetzt, sondern auf die demokratische Macht der Bürger/innen, die sich organisieren und so handlungs- und durchsetzungsfähig werden. Ziel ist es, dass sich insbesondere gesellschaftlich benachteiligte Bürgerinnen und Bürger gemeinschaftlich für die Verbesserung ihrer Lebensumstände einsetzen und über den Aufbau von eigenen demokratischen Organisationen (Gegen-)Macht erlangen, Ohnmacht überwinden und auf benachteiligende Strukturen einwirken können. Zwei wichtige Punkte sind festzuhalten: Community Organizing bedarf ausreichend finanzieller Mittel. Dabei handelt es sich um lohnende Investitionen in die demokratische Zukunft des Gemeinwesens. Der „social return of investment“ zeigt sich letztlich in einem gesünderen Gemeinwesen, das weniger soziale Probleme aufweist. Durch neue Strukturen der Beteiligung wird soziale Benachteiligung und der damit verbundene „besondere Unterstützungsbedarf“ sukzessive abgebaut. Es ist notwendig, Community Organizing als Instrument der Beteiligung kontinuierlich weiterzuentwickeln und dauerhaft zu etablieren. Bisher durchgeführte Pilot- oder Modellprojekte haben deutlich gemacht, dass über Community Organizing erfolgreich demokratische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger organisiert werden kann. Wenn wir wissen, dass es geht und wie es geht, es aber nicht tun, obwohl es notwendig wäre, dann geraten wir in ein ethisch-moralisches Dilemma und verlieren an Glaubwürdigkeit.

Download: http://www.fes.de/integration/pdf/arbeitspapier_8_11.pdf