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Bürgerbeteiligung bei der Verkehrsinfrastrukturplanung

Eine Best-Practices-Studie zur Verkehrsinfrastrukturplanung und -finanzierung in der EU haben Roland Berger Strategy Consultats 2013 erarbeitet. Darin gibt es interessante Ausführungen zur Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung in Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Dänemark im Vergleich zu Deutschland.

In allen analysierten europäischen Vergleichsländern findet die Einbindung der Bürger in der Regel deutlich früher im Planungs- und  Genehmigungsprozess statt als bislang in Deutschland. Damit werden die Bürger in einem Stadium einbezogen, in dem Änderungen am Vorhaben noch leichter möglich und mit vertretbaren Mehrkosten zu realisieren sind. Die Bürgerbeteiligung gewinnt hierdurch an Glaubwürdigkeit und verringert die Gefahr von eskalierenden Konflikten in späteren Prozessphasen. In allen vier untersuchten Ländern wird die Öffentlichkeit bereits beteiligt, bevor eine Festlegung auf eine bestimmte Lösungsvariante erfolgt, so beispielsweise in den Niederlanden im Rahmen einer Konsultation in der Untersuchungsphase oder in Frankreich im Rahmen der dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorgelagerten „débat public“. Elemente der Bürgerbeteiligung sind damit Teil eines ergebnisoffenen Verfahrens, in dem Vorhaben schrittweise konkretisiert werden.

Das Spektrum der konkreten Ansätze variiert dabei zwischen den einzelnen Ländern. Während beispielsweise in Österreich recht spezifische, rechtlich verbindliche Beteiligungsregeln existieren, spielen in Dänemark neben rechtlichen Vorgaben vor allem freiwillige Beteiligungsansätze der Vorhabenträger und Behörden, die individuell auf das konkrete Projektvorhaben zugeschnitten sind, eine wichtige Rolle. In Frankreich besteht mit der „commission nationale du débat public“ (CNDP) zudem eine eigene Institution, die Beteiligungsverfahren bei großen Infrastrukturvorhaben professionell organisiert bzw. begleitet und unterstützt. Einige dieser Ansätze für eine frühe und aktive Einbindung der Bürger bieten erhebliches Potenzial zur Steigerung der Qualität und öffentlichen Akzeptanz von Vorhaben und somit zur Vermeidung von späteren Konflikten und Verzögerungen.

Lernen kann man insbesondere auch, dass für eine sachliche Auseinandersetzung mit möglichen Betroffenen eine verständliche Informationsgrundlage geschaffen werden muss, insbesondere eine allgemein verständliche Darstellung des Projekts und möglicher Projektauswirkungen. Diese sollten sich nicht an wissenschaftlichen Fragestellungen orientieren, sondern an den Informationsbedürfnissen derjenigen, mit denen der Dialog geführt werden soll.

Die Studie (pdf) kann hier heruntergeladen werden: http://www.bauindustrie.de/media/attachments/Studie%20zur%20Verkehrsinfrastrukturplanung_Langfassung.pdf