Politische Partizipation marginalisierter Menschen
Politisch aktive Personen in marginalisierten Lagen sind in den Beteiligungsformaten meist in der Minderheit. Wer sind diese aktiven Menschen, welche Rolle spielt ihre individuelle Marginalisierungslage beim Ergreifen politischer Partizipation und welche Strukturen begünstigen ihre Beteiligung? Wie wirken sich politische Angebote und der räumliche Kontext benachteiligter Quartiere auf die Motivation sowie die Art und Weise aus, Politik selbst in die Hand zu nehmen? Diesen Fragen geht eine Studie von Jan Kaßner und Norbert Kersting nach.
Auch unterhalb der Kommunalebene (haben) benachteiligte Gruppen Vorbehalte gegenüber den Beteiligungsangeboten von Zivilgesellschaft und repräsentativer Politik (…), während informelle Partizipationsformate kaum bekannt sind. Oft fühlen sich Menschen durch Lokalpolitik kaum angesprochen und zweifeln an deren Kraft zur Veränderung. (…) In vielen Jahren wurden zahlreiche, teils kreative Lösungen gefunden, um die richtige Sprache zur Verständigung zu finden. Dazu gehörten zielgruppengerechte Einladungen sowie wertschätzend und reflexiv moderierte Dialoge. Anderswo gelang Ansprache mithilfe von Brückenbauerinnen und Brückenbauern, wie z. B. Kulturmittlerinnen, Stadtteilmüttern, Lehrerinnen und Lehrern oder Jugensozialarbeiterinnen und -arbeitern. Die gewonnenen Perspektiven bereicherten diese Abwägungsprozesse und erhöhten die Legitimität der Entscheidungen. Deutlich wurde, dass es Menschen braucht, die Brücken zwischen der Welt der Politik und den Realitäten benachteiligter Gruppen schlagen.
Die vorliegende Studie ist als Debattenbeitrag zu verstehen, der einen Contra-Punkt setzt gegen die Zeichnung marginalisierter Gruppen als apathisch, politisch abstinent oder als Mobilisierungsmasse populistischer Akteure. Vielmehr zeigt sie, dass viele Aktive die Politik als Mittel zur Überwindung von Marginalisierungslagen durch gemeinsames Handeln sehen. Sie wollen sich mit sozialen Verhältnissen auseinandersetzen und sich selbst,
den Menschen in ihrem Umfeld sowie der Gesellschaft helfen. Zudem leistet die Studie einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Beteiligungsformaten und liefert Handlungsempfehlungen für lokale Akteure der sozialen Arbeit und Gemeinwesenarbeit, für die Zivilgesellschaft sowie Initiativen und soziale Bewegungen.