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Rechtliches

Grünheide, Tesla und die Bürger

Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der Öffentlichkeitsbeteiligung im Anlagengenehmigungsverfahren beleuchtet Birgit Peters am Beispiel der Tesla-Gigafactory im brandenburgischen Grünheide. Sie plädiert für eine verstärkte Anwendung des § 25 Abs. 3 VwVfG zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren.

Die jüngere Geschichte lehrt (…), dass die Öffentlichkeit in Deutschland mittlerweile Großvorhaben jeglicher Couleur kritisch durchleuchtet. Tesla hätte es also gut gestanden, die in § 25 Abs. 3 VwVfG mögliche frühe Öffentlichkeitsbeteiligung zu nutzen, um eine erste Informationsgrundlage über die Gigafactory zu schaffen. Nach der gesetzgeberischen Begründung soll die Vorschrift des § 25 Abs. 3 VwVfG zwar allein im Planfeststellungsrecht Anwendung finden (BT Drs. 17/9666, 16.05.2012, 1), weshalb das zuständige LfU in Grünheide auch nicht auf eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung hingewirkt hatte (LfU, in einer Mitteilung an die Autorin dieses Beitrags). Allerdings hindert das den Vorhabenträger nicht daran, frühzeitig einen informellen „Bürgerdialog“ oder „Infopunkt“ über das Vorhaben einzurichten. Solche „Beteiligungen“ jenseits der formell geregelten Möglichkeiten werden mittlerweile von Verwaltungen wie Vorhabenträgern gleichermaßen rege genutzt. Sie können dazu beitragen, Vorbehalte und Widerstände gegenüber einem Vorhaben abzubauen.
Schließlich liefert der „Fall Grünheide“ ein weiteres Argument dafür, § 25 Abs. 3 VwVfG auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren planmäßig zur Anwendung zu bringen (vgl. H. Schmitz/L. Prell, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2013, 745, 746; J. Ziekow, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2013, 754, 755; H. Jarass, BImSchG, Kommentar, 2020, § 10, Rn. 26). Mit der Erinnerung durch die Genehmigungsbehörde, die dazu gehalten ist, auf einen solchen Termin hinzuwirken, wird der Vorhabenträger nämlich auch institutionell unterstützt, sich möglicher Widerstände und Einwände möglichst frühzeitig anzunehmen. Systematisch und semantisch spricht aufgrund der Verortung von § 25 Abs. 3 VwVfG im „allgemeinen Teil“ des VwVfG und des fehlenden Verweises auf die ausschließliche Anwendbarkeit im Planfeststellungsrecht jedenfalls nichts dagegen.

Ausführlich hier: https://verfassungsblog.de/wenig-raum-fur-debatte/