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Forschung/Evaluation

Dilemmata demokratischer Beteiligung in der Nachhaltigkeitstransformation

Wie lässt sich unter dem Druck des fortschreitenden Klimawandels entscheiden, ohne an demokratischer Qualität einzubüßen? Bieten Bürgerräte oder materielle Beteiligungsformen wie Bürgerenergie neue Perspektiven und Problemlösungen? Und wo liegen ihre Grenzen? Diesen Fragen geht Jörg Radtke in einem Beitrag für „Aus Politik und Zeitgeschichte“ nach.

Sein Fazit:

Trotz ernüchternder Erfahrungen mit klassischer Öffentlichkeitsbeteiligung in der Energiewende und Tücken bei dem Einsatz alternativer Beteiligungsformen führt letztlich jedoch am Prinzip des Einbezugs lokaler Gemeinschaften kein Weg vorbei. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass insbesondere das Ausklammern und Ignorieren lokaler Belange nahezu zwangsläufig zu Konflikten führt – und zudem die demokratische Qualität der Entscheidungsprozesse mindert.
Die bekannten Town Hall Meetings als reine Unterrichtung der Bevölkerung mit einigen wenigen Nachfragen mutiger Bürger*innen können aus diesem Blickwinkel nicht überzeugen. Auch Bürgerentscheide sind nur auf den ersten Blick hilfreich: Sie provozieren eine Positionierung in einem polarisierten Pro-oder-Contra-Schema und können Instrumentalisierung und Manipulation befördern, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Eine Öffnung und ein Aufbrechen etablierter Strukturen und Verfahren ist daher grundsätzlich zu empfehlen: Ob dies durch einen Bürgerrat oder ein Bürgerenergieprojekt oder eine Kombination von beidem gelingt, ob im Sinne des Agonismus mehr auf Disput gesetzt wird, ob Bürger*innen in virtuellen Räumen Vorschläge erarbeiten und liquid feedback geben, ob sich soziale Bewegungen wie „Fridays for Future“ einbringen oder Heimatvereine engagieren – die Demokratie lebt von der pluralistischen Entfaltung aller Stimmen in der Gesellschaft. Die Antwort auf die gewaltige Herausforderung einer demokratischen Gestaltung der Nachhaltigkeitstransformation kann nur in einer Diversifizierung der Beteiligungsmöglichkeiten liegen.

Den kompletten Aufsatz gibt es hier: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/oekologie-und-demokratie/508502/schnell-oder-demokratisch/