„Crowdsourcing“ bei Gesetzen in Österreich
Eine stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bereits im Vorfeld des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses möchte der Nationalrat in Österreich.
Die sechs Parlamentsfraktionen wollen die BürgerInnen stärker in den Gesetzgebungsprozess einbinden. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute einen gemeinsamen Entschließung an das Plenum weitergeleitet. Insbesondere geht es um die Ausweitung des Begutachtungsverfahrens zu Gesetzentwürfen und die Durchführung von Crowdsourcing-Projekten. Nach finnischem Vorbild sollen ausgewählte Gesetzesvorhaben gemeinsam mit BürgerInnen und Fachleuten in einem mehrstufigen Prozess erarbeitet werden, wobei die Regierung zunächst einmal ersucht wird, Materien, die sich für einen Crowdsourcing-Prozess eignen, bekanntzugeben. Ein erstes Pilotprojekt könnte dann 2018 starten, die technischen Voraussetzungen sollen bis Ende dieses Jahres vorliegen. (…)
Wie ein Crowdsourcing-Projekt ablaufen könnte, wird in den Erläuterungen zur Entschließung präzisiert. Demnach soll, sobald ein „crowdsourcentaugliches“ Thema am Tisch liegt, die Öffentlichkeit eingeladen werden, bestehende Probleme zu benennen. Danach werden ExpertInnen gebeten, Lösungen zu präsentieren, die dann in einem dritten Schritt evaluiert werden. Zum Abschluss soll das zuständige Regierungsmitglied dem Nationalrat berichten, ob eine oder keine Ausarbeitung eines konkreten Gesetzesvorhabens auf Basis der Anregungen erfolgt bzw. welche anderen Maßnahmen als Ergebnis des Prozesses geplant sind. Zur Durchführung eines Pilotprojekts wird das Parlament eine Plattform für den Kommunikations- und Informationsaustausch einrichten.
Was das erweiterte Begutachtungsverfahren betrifft, wollen die Abgeordneten durch eine Änderung der legistischen Richtlinien sicherstellen, dass auch Stellungnahmen von BürgerInnen und Institutionen, die nicht direkte Adressaten eines Begutachtungsverfahrens sind, bei der Auswertung der Begutachtungsergebnisse berücksichtigt werden. Alle seriösen Stellungnahmen sollen – wie grundsätzlich schon bisher – auf der Website des Parlaments veröffentlicht werden. Neu ist, dass sie, ähnlich wie Petitionen und Bürgerinitiativen, ab Herbst auch elektronisch mit einer Art „Like-Button“ unterstützt werden können.
Das zuständige Regierungsmitglied wird außerdem angehalten, das jeweilige Gesetzesvorhaben in auch für Nicht-ExpertInnen verständlicher Form darzustellen, und zwar im Umfang etwa einer A4-Seite. Schickt ein Ausschuss eine Gesetzesinitiative von Abgeordneten in Begutachtung, obliegt die Erstellung des entsprechenden Informationsblatts den AntragstellerInnen. Durch eine kurz begründete Darstellung soll schließlich in Hinkunft auch besser ersichtlich sein, welche Anregungen aus dem Begutachtungsverfahren in eine Regierungsvorlage aufgenommen wurden. Basis für die Entschließung bildete ein Sechs-Parteien-Antrag (2042/A(E)), der im Zuge der Ausschussberatungen noch präzisiert und ausgeweitet wurde.
Download des Entschließungsantrags hier: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_02042/imfname_620103.pdf