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Forschung/EvaluationKonsultationNordrhein-Westfalen

Hilft Bürgerbeteiligung bei der Suche nach sozialverträglichen Unterkünften für Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen?

Die Wirkung von Bürgerbeteiligungsverfahren ist vom Grad der Besorgnis der beteiligten Bürgerinnen und Bürger abhängig. Deshalb ist der Umgang mit den Sorgen und Ängsten der stark besorgten Gruppe wesentlich. Das ist das Ergebnis einer experimentellen Studie von Frank Claus und Peter M. Wiedemann zu der Frage, ob unterschiedliche Beteiligungsformate Einfluss auf die Bewertung der Ansiedlung einer Flüchtlingsunterkunft in der eigenen Nachbarschaft haben.

Der Erfolg von Beteiligungsverfahren bei der Standortsuche für Flüchtlingsunterkünfte ist auf den ersten Blick positiv. Die statistischen Analysen zeigen, dass der Anwohnerentscheid und der Runde Tisch positive Effekte gegenüber der Verwaltungsentscheidung haben. Sie werden als geeignet angesehen, um Entscheidungen verständlich zu machen. Sie sind werden auch besser beurteilt in Bezug auf „Berücksichtigung von Wünschen und Anliegen“ sowie „Lösen von bestehenden Konflikten“. Für die Variablen „Vertrauen in die Flüchtlingspolitik“, „Vermeiden von Konflikten“ sowie „Akzeptanz von Flüchtlingsunterbringungen“ führt nur der Anwohnerentscheid gegenüber dem Verwaltungsentscheid zu statistisch signifikanten Verbesserungen. Allerdings sind die Effekte nicht sonderlich stark. Im Mittel bleiben die Befragten eher skeptisch. Eine Analyse von Teilgruppen, die sich in Bezug auf ihre Besorgnis bezüglich der Flüchtlingspolitik unterscheiden, zeigt: Die Effekte der Beteiligungsformate hängen davon ab, wie besorgt man sich fühlt. Betrachtet man nur die beiden Gruppen der wenig und der stark Besorgten, so fällt Folgendes auf: Für die stark Besorgten gilt, dass Beteiligungsverfahren wie Runder Tisch und Anwohnerentscheid die Akzeptanz für Flüchtlings-Unterkünfte nicht verbessert. In ihrer Sicht werden Konflikte dadurch weder vermindert noch vermieden. Und Vertrauen in die Flüchtlingspolitik wird im Mittel auch nicht gestärkt. Die wenig Besorgten beurteilen partizipative Entscheidungs-Formate besser. Ein Anwohnerentscheid wirkt sich im Mittel positiv aus, um Akzeptanz zu sichern, Vertrauen in die Flüchtlingspolitik zu stärken und um Wünsche und Anliegen der Anwohner bei der Flüchtlings-Unterbringung zu berücksichtigen. Diese Einsichten sind – bei aller Vorsicht – auch generalisierbar.

Download der Studie hier: http://www.dialoggestalter.de/fileadmin/user_upload/Wiedemann_Claus_Hilft_Buergerbeteiligung_bei_der_Suche_nach_sozialvertraeglichen_Unterkuenften_fuer_Fluechtlinge_in_NRW_MIP_2017_Seiten_63-71.pdf