Beteiligtentransparenzdokumentation legt Lobbyeinflüsse offen
Ob und wie Interessenvertreter auf die Gesetzgebung in Thüringen Einfluss genommen haben, wird seit dem 1. März 2019 in der „Beteiligtentransparenzdokumentation“ offen gelegt. Als erstes deutsches Parlament hat der Thüringer Landtag die rechtlichen Grundlagen für den sogenannten „legislativen Fußabdruck“ geschaffen.
Das Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz regelt die Einrichtung, den Inhalt und die Führung einer öffentlich abrufbaren Dokumentation (sog. Beteiligtentransparenzdokumentation) zur Erfassung und Offenlegung der an Gesetzgebungsverfahren des Thüringer Landtags oder der Thüringer Landesregierung mitwirkenden Personen, Organisationen und Einrichtungen. Dokumentationspflichtig sind dabei nur Beteiligte, die durch schriftliche Äußerungen, insbesondere Stellungnahmen, auf den Landtag oder die Landesregierung inhaltlich Einfluss nehmen oder durch schriftliche Beiträge Anregungen gegeben haben. Damit soll im Bereich der Gesetzgebung mehr Transparenz geschaffen und u. a. der Korruptionsgefahr entgegengewirkt werden. In der Beteiligtentransparenzdokumentation werden unter anderem Informationen zur Identität der natürlichen und juristischen Personen sowie zur Art und Weise ihrer Beteiligung bezogen auf die einzelnen parlamentarischen Verfahren und zu ihrem beruflichen Hintergrund aufgenommen. Wohnadressen natürlicher Personen werden dabei jedoch nur verlangt, wenn keine Geschäfts- oder Dienstadresse vorliegt, sie werden jedoch nicht veröffentlicht.
Die Interessengruppe LobbyControl begrüßt diesen Schritt, hat aber auch kritische Anmerkungen:
LobbyControl fordert (…) schon lange die Einführung einer sogenannten „Legislativen Fußspur“, die dokumentiert, wie die Beteiligung von Interessenvertretern bei der Gesetzeserarbeitung aussah. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass Thüringen nun mit dem neuen Gesetz einen wichtigen Schritt in diese Richtung geht. Mit dem etwas sperrig klingenden „Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz“ (heißt wirklich so) geht Thüringen weiter als die Bundesregierung, die im letzten Jahr ebenfalls beschloss, Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen künftig veröffentlichen zu wollen. Anders als auf Bundesebene sollen in Thüringen nämlich auch Papiere oder E-Mails veröffentlicht werden, die außerhalb der offiziellen Beteiligungsverfahren eingegangen sind. Das ist eine wichtige Verbesserung und weist den Weg auch für andere Länder und die Bundesregierung. (…) Trotz diesem insgesamt positiven Schritt, zeigen sich aber auch einige klare Schwächen. Insbesondere, dass die Veröffentlichung der Stellungnahmen von der Zustimmung der Lobbyisten abhängen soll, ist natürlich ein großer Nachteil und hat das Potenzial, die Regelung zu entkernen. Immerhin soll öffentlich gemacht werden, wenn ein Lobbyakteur der Veröffentlichung einer Stellungnahme nicht zustimmt. Das dürfte einen gewissen Druck ausüben. Aber auch an weiteren Stellen sollte noch nachgebessert werden, damit konkrete Lobbyeinflüsse auf die Gesetzesentstehung wirklich nachvollziehbar werden.
Mehr zum Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz und seinem Entstehungsprozess hier: http://parldok.thueringen.de/ParlDok/vorgang/35760