Gefährdung des Wirtschaftsstandorts und der inneren Sicherheit durch zuviel Transparenz?
Zuviel Transparenz erleichtert Industriespionage und fördert die Terrorgefahr. Diese These vertreten Wirtschaftsverbände und Sicherheitsexperten vor dem Hintergrund von Veröffentlichungsregeln in NRW.
Am Beispiel einer geplanten Verbrennungsanlage für Klärschlamm im münsterländischen Saerbeck berichtet der WDR über einen Erlass des NRW-Umweltministeriums, wonach detaillierte Zeichnungen, die zeigen, wie genau die Anlage gebaut werden soll, im Internet veröffentlicht werden müssen. Das führe dazu, dass Details zur Lage und Umgebung, zu Maschinenaufstellungsplänen und zu Verfahrensabläufen der geplanten Verbrennungsanlage im Internet frei zugänglich für jedermann einzusehen sind.
Industriespionage?
Die Landesvereinigung der Unternehmensverbände NRW befürchtet einen „gravierenden Wettbewerbsnachteil“:
Eine Veröffentlichung von Antragsunterlagen im Internet beinhaltet im Vergleich zu öffentlich ausgelegten Unterlagen zunächst den Nachteil, dass diese weltweit für potentielle Wettbewerber ohne jedes Problem einsehbar sind. Da zudem die in deutschen Genehmigungsverfahren angeforderten Unterlagen in vielen Fällen erheblich detaillierter sein müssen als in vergleichbaren anderen Ländern, ergeben sich auch Wissensvorsprünge und damit Wettbewerbsvorteile für ausländische Unternehmen. So müssen beispielsweise in den USA in wesentlich geringerem Umfang als in Deutschland umfangreiche Maschinen- und Anlagenzeichnungen eingereicht werden.
Insofern muss auch festgehalten werden, dass eine Internetveröffentlichung vor allem überregionalen Interessenten einen erleichterten Wissenszugang verschafft. Ursprungsgedanke der öffentlichen Auslegung und Information war aber vor allem die Information einer etwaig betroffenen Öffentlichkeit in der Umgebung. Dieser ursprüngliche Schutz- und Informationszweck geht mit einer umfangreichen Internetveröffentlichung zusehends verloren beziehungsweise tritt in den Hintergrund – mit gravierenden Auswirkungen für die betroffenen Unternehmen.
Stattdessen schlagen die Unternehmer eine zeitlich befristete Veröffentlichung von Kurzbeschreibungen der Antragsunterlagen vor:
Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass es eine Alternative darstellen könnte, die Kurzbeschreibung der Antragsunterlagen, die gemäß § 4 der 9. BImSchV einen Überblick über die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Allgemeinheit und die Nachbarschaft und somit keine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und auch keine Information zum Schutz der der öffentlichen Sicherheit (siehe § 11 Abs. 3 der 12. BImSchV) enthält, im Internet zusammen mit dem Hinweis auf die Vorortauslegung der gesamten Unterlagen zu veröffentlichen. Diese Kurzbeschreibung ist dann auch nach Wahrung der Frist von einem Monat gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG aus dem Internet wieder zu entfernen.
Die CDU-Landtagsfraktion spricht in diesem Zusammenhang von einem „Ausverkauf von Firmen-Know-How nordrhein-westfälischer Unternehmen“ und fordert in einem Antrag an den NRW-Landtag, den Erlass wieder aufzuheben: https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-14016.pdf
Terrorgefahr?
Weiterhin wird im WDR-Bericht auf die Gefahr hingewiesen, dass Terroristen durch die Veröffentlichungspflicht Informationen geliefert bekommen, die für einen Anschlag nötig sind. Es werde „wirklich alles unkontrolliert jedem zugänglich gemacht“. Wer Böses im Schilde führe, könne sich hier „mit einer validen Basis sehr gut vorbereiten“.
Quelle: http://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/westpol-anlagenplaene-internet-100.html
Klage eingereicht
Zwischenzeitlich hat das Chemie-Unternehmen Saltigo, eine Tochter der Kölner Lanxess AG, vor dem Kölner Verwaltungsgericht Klage eingereicht um zu klären, ob die Pflicht zur Veröffentlichung von Plänen zur Errichtung eines Tanklagers rechtens ist.
Quelle: http://www.ksta.de/26284968