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Bürgerentscheid für Flüchtlingsunterkunft

In Korntal-Münchingen (Kreis Ludwigsburg/Baden-Württemberg) haben fast zwei Drittel der Abstimmenden für eine Flüchtlingsunterkunft gestimmt. Sie bestätigten damit einen entsprechenden Gemeinderatsbeschluss.

Die Abstimmungsfrage lautete:

Soll der Gemeinderatsbeschluss der Stadt Korntal-Münchingen betreffend der Erstellung eines schlüsselfertigen Wohnheims mit 15 Wohneinheiten für Flüchtlinge auf dem städtischen Grundstück Ludwigsburger Straße 44 im Stadtteil Korntal vom 18. Februar 2016 aufgehoben werden?

Mit „Nein“ stimmten 3.945 Bürger/innen = 26,93%.
Mit „Ja“ stimmten 2.312 Bürger/innen = 15,78%.
Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 42,88%

Ein Blick auf die Detailergebnisse zeigt, dass mit zunehmender Nähe zur geplanten Flüchtlingsunterkunft die Zahl der „Ja“-Stimmen steigt: im unmittelbaren Wahlbezirk, in dem das Asylheim geplant ist, wollen 63 Prozent die Unterkunft verhindern; in den weiter entfernten Stadtteilen Münchingen, Kallenberg und Müllerheim haben die Bürger mit 84 Prozent für den Bau der Unterkunft gestimmt.

Laut SWR hatten die Gegner des Projekts fast 1.200 Unterschriften gegen die Pläne gesammelt. Denn das Haus soll direkt neben dem Friedhof gebaut werden – nur wenige Meter von einzelnen Gräbern entfernt. Die Gegner des Projekts sehen dadurch die Friedhofsruhe gefährdet.

Die Stuttgarter Zeitung berichtet, die Debatte über das Für und Wider des Standorts sei in der Stadt zum Teil emotional geführt worden. Gegner wie Befürworter hätten sich stellenweise von der jeweils anderen attackiert gefühlt. Laut den Gegnern des Flüchtlingsheims wurden Unterschriftensammler im Vorfeld als „Pharisäer“ oder „Nazi“ beschimpft. Eine Befürworterin berichtete dem SWR, dass sie bis tief in die Nacht mit Telefonanrufen um den Schlaf gebracht wurde. Sie hatte in einem Leserbrief im Amtsblatt vermutet, dass es einem Anwohner um den befürchteten Wertverlust seiner Immobilie gehe.

Laut Stuttgarter Zeitung gibt die Mehrheit im Sinne des Begehrens im Stadtteil Korntal Bürgermeister Joachim Wolf zu denken. Er will jetzt den Willen der Wähler im Stadtteil „ernst nehmen“ und die Planung, die der Gemeinderat im Februar beschlossen hat, modifizieren.

Quellen: